Amberg
11.07.2021 - 15:05 Uhr
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Der Teufel hat die Hand im (Opern)Spiel

Der Freischütz ist ein Klassiker des deutschen Operntheaters. Und wenn er dann – endlich – mit einem Jahr Verspätung in Amberg über die Bühne geht, freut sich das Publikum ganz besonders.

Hauptprobe Opernfestival "Freischütz", Stadttheater. Freischütz

Was lange währt wird endlich gut – und wie gut! Dieser Oberpfälzer Festival-Freischütz, der pandemiebedingt um ein Jahr verschoben werden musste, brachte am Freitagabend bei der glanzvollen Premiere das Publikum im Amberger Stadttheater zum minutenlangen Jubeln. Der Freischütz: deutsche Romantik pur, Musik, Märchen und Mystik, Gut und Böse, viel Gestern und wenig Heute. Die Oper mit Ohrwurm-Chören, Gänsehautszenen und mitreißenden Arien ist 200 Jahre alt und von Carl Maria von Weber komponiert. Erzählt wird die Geschichte vom jungen Jäger Max, der liebt Agathe, die Tochter des Erbförsters.

Die siebte Kugel

Um sie heiraten zu dürfen, muss er einen erfolgreichen Probeschuss abfeuern. Max schiebt Panik, denn in letzter Zeit hatte er wenig Glück. Es geht die Sage, dass die in der Wolfsschlucht um Mitternacht gegossenen Kugeln verzaubert sind und sechs davon genau in das gewünschte Ziel treffen, die siebente aber vom Teufel gelenkt wird. Dramatischer Höhepunkt das Gießen der Freikugel unter lautem Musikgetöse. Spieldauer etwa 130 Minuten.

Die Festivalversion ist auf 90 pausenlose Minuten verschlankt. Kein Satz ist zu viel, kein Dialog überflüssig. Jede Phrase ist inhaltlich durchdrungen, alle Figuren überzeugen, das Timing stimmt. Und es stehen wunderbare Sänger und Sängerinnen auf der vorwiegend düsteren Bühne: Patrick Vogel gibt den präsenten Max mit dramatischen Passagen und innigen Momenten. Als Kaspar punktet Gary Martin mit dämonischer Schwärze und variablem Vortrag. Isabel Blechschmidts Stimme reißt mit. Die beiden großen Agathe-Arien bewältigt sie mit viel Innerlichkeit, zarten Piani und charaktervoller Direktheit. Laura Demjan zaubert ein zartes Goldkehlen-Ännchen und Daniel Ochoa beweist, dass man aus der kurzen Rolle des Fürsten Ottokar etwas machen kann – wenn man es kann. Der Eremit/Samiel ist bei Christoph Stephinger in den besten Händen, souverän Cornelius Burger als Kuno und ebenso lebendig auch Felix Mischitz als Kilian.

Rund und harmonisch

Verblüffend harmonisch und rund präsentieren sich der Festivalchor und das Orchester. Da hat Dirigent und Festivalleiter Michael Konstantin ganz große, akzentuierte Arbeit geleistet. Zwar sind die Gesangs- und Orchesterstimmen nicht immer perfekt akustisch aufeinander abgeglichen, übertönen ab und zu die Instrumente aus dem Orchestergraben die Texte auf der Bühne. Aber summa summarum flackert musikalisches Feuer auf und schwelgen die Musiker unter dem engagierten Dirigat in romantischen Farben und geben diabolischen Zunder in der "Wolfsschlucht-Szene". Der Chor kommt ebenso gut mit seinen unterschiedlichen Aufgaben zurecht. Stimmlich wie schauspielerisch bietet er eine perfekt-überzeugende Leistung. Das Bühnenbild ist auf schwarz und weiß reduziert. Das Düstergespenstische und das Unschuldigreine. Wenig Kulisse und Mobiliar – dafür viel Lichtmontage und Farbe. Mond, Zielscheibe, Farbe, Stimmung – der Kreis im Hintergrund unterstützt und spiegelt abstrakt das szenische Spiel. Die Regie setzt nicht auf übertrieben schwülstige Aufwallungen, dafür aber scharf umrissene Akzente. Diese Aufführung war ein Volltreffer. Großer Respekt und ebensolcher Applaus.

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Amberg08.07.2021
Aufführungen:

Der Freischütz und Insomnia

"Der Freischütz" (C. M. von Weber):

Premiere: Freitag, 9. Juli 2021, weitere Aufführungen: 10. und 18. Juli 2021, Beginn jeweils 19.30 Uhr im Stadttheater Amberg, Schrannenplatz 8. Regie Andreas Wiedermann, Ausstattung:Katharina Dobner, Dirigent Michael Konstantin.

"inSOMNIA"

Premiere: Donnerstag, 15. Juli 2021, weitere Aufführungen: 16. und 17. Juli 2021, Beginn jeweils 20 Uhr im Ringlokschuppen Amberg, Galgenbergweg 3.Regie Eva-Maria Eiberger, Ausstattung Maria Preschel, Komponist Raphael Fusco

 
 

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